Ein ganz besonderes Gesamtpaket
Die Walser Rettung feiert 25-jähriges Jubiläum Im Kleinwalsertal, der österreichischen Exklave im Oberallgäu, ist manches ein wenig anders. Das gilt auch für den Rettungsdienst. Benedikt Fritz ist Bereitschaftsleiter bei der Walser Rettung, die heuer ihr 25-jähriges Jubiläum feiert. Er schildert, was die politische und geographische Sondersituation des Tales für die haupt- und ehrenamtlichen Mitglieder bedeutet.
Die Walser Rettung hat ihren Standort in Riezlern. Dort befindet sich die Rettungswache mit allen Fahrzeugen und dort tun neun hauptberufliche Mitarbeiter aus dem Walsertal und aus dem benachbarten Allgäu grenzübergreifend im Dualen System mit der Rettungswache Oberstdorf ihren Dienst. Die bestens ausgebildeten Frauen und Männer stehen an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr parat, um bei Notfällen in dem entlegenen Hochtal schnellstmöglich Hilfe zu leisten. Unterstützt werden sie bei ihrer lebensrettenden Aufgabe von vier im Kleinwalsertal angesiedelten Bereitschaftsärzten, die als Notärzte hinzugezogen werden können. Darüber hinaus sind 15 ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen vor allem nachts als Fahrer des Rettungswagens zur Stelle sowie weitere 30 Ehrenamtliche, die sich bei Veranstaltungen als Sanitätsdienst zur medizinischen Absicherung bei kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen engagieren.
Kleines Tal, großes Engagement
„Für so ein kleines Tal sind wir wirklich hervorragend aufgestellt und alle sind mit großer Einsatzbereitschaft mit dabei“, lobt Benedikt Fritz. Eine weitere Besonderheit des Teams sind die drei sogenannten „Zivildiener“, die meist aus dem Kleinwalsertal oder dem Bregenzerwald stammen und ihren in Österreich nach wie vor verpflichtenden Zivildienst ableisten. Viele dieser jungen Männer seien der Walser Rettung auch danach als Ehrenamtliche erhalten geblieben“, freut er sich.
Politische und geographische Besonderheit
Die außergewöhnliche politische und geographische Situation - die Walser Rettung ist eine Rettungswache des Bayerischen Roten Kreuzes auf politisch österreichischem Gebiet - führt zu einigen Besonderheiten. Beispielsweise muss das Personal speziell ausgebildet werden. „Unsere Mitglieder werden größtenteils nach deutschen Richtlinien ausgebildet. Zugleich müssen wir aber streng darauf achten, dass auch die Anforderungen des österreichischen Sanitätsgesetzes erfüllt werden“, erklärt Benedikt Fritz. Die Zivildiener werden nach dem österreichischen Sanitätsgesetz ausgebildet. Auch die Einsatzzeiten seien mit durchschnittlich 1,5 Stunden vergleichsweise lang. „Das liegt daran, dass wir die Patienten in die Kliniken des Klinikverbunds Oberallgäu transportieren müssen, also mehr als 30 km nach Immenstadt oder gut 50 km nach Kempten.“
Einsatzzahlen
Die Einsatzzahlen des Teams sind beeindruckend. „2019 hatten wir 1.171 Einsätze und allein von Januar bis Ende Juni 2020 bereits 666 – davon allein knapp 400 im Januar und Februar“, zählt Fritz auf. Zum Vergleich: Im Gründungsmonat, dem Dezember 1995, waren es 46, im Jahr darauf 672 Einsätze. „In den Wintermonaten haben wir es überwiegend mit Skiunfällen zu tun. In den Sommermonaten ist es ein Sammelsurium aller möglicher Notfälle und Erkrankungen.“
Mehr als nur der Rettungsdienst
Der Rettungsdienst ist nur eine der Aufgaben der Walser Rettung. Weitere sind beispielsweise Erste-Hilfe-Kurse für deutsche und österreichische Führerscheinbewerber, Ersthelferausbildungen für Firmen, Hotels und Liftbetreiber, Kindernotfallkurse für Eltern, die Ruf-Hilfe (ein Hausnotrufsystem) mit derzeit 50 hilfebedürftigen Personen im Kleinwalsertal sowie die bereits erwähnten Sanitätsdienste bei Veranstaltungen. Nicht zu vergessen die Monatsabende für die Ausbildung der ehrenamtlichen Kollegeninnen und Kollegen sowie interne Aus- und Weiterbildungen.
Was fasziniert das Urgestein?
Einer, der fast von Anfang an bei der Walser Rettung dabei ist, ist Thomas Fritz. Er ist hauptberuflicher stellvertretender Wachleiter an den Rettungswachen Oberstdorf und Kleinwalsertal und mit seinem oben zitierten Namensvetter und Kollegen Benedikt Fritz weder verwandt noch verschwägert. Der 47-Jährige aus Riezlern ist seit 1996 bei der Walser Rettung aktiv, zunächst im Ehrenamt, seit 1997 hauptamtlich. „Ich gehöre fast zum Gründungskomitee und konnte bei vielen Entwicklungen mitwirken“, sagt Thomas Fritz nicht ohne Stolz. Auch heute noch, nach fast 25 Jahren gehe er gern und mit Freude zur Arbeit. Ihm gefalle das sehr kollegial-freundschaftliche Miteinander und die Möglichkeiten, Menschen in Notsituationen zu helfen. „Auf organisatorischer Seite macht es die politische und geographische Lage des Kleinwalsertales immer wieder spannend, Entscheidungen und Regularien zu treffen“, findet er und fasst die Besonderheit „seiner“ Truppe so zusammen: „Das Besondere an uns ist einfach das Gesamtpaket“.